Willkommen

Diese Website enthält Texte, Bilder und O-Töne von, mit und über Manfred Sarrazin.

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ABGESANG – diese Rubrik enthält Texte von der Trauerfeier,
SPEAKEASY – hier sind die Erinnerungen von Freunden eingestellt,
DON MANFREDO – die Texte von Manfred (himself),
DVD – Trailer zur DVD von Viktoria Gurtovaj,
LIVE – Ausschnitte aus dem Interview von Viktoria Gurtovaj,
SIGHT – auf dieser Seite sind Bilder zu finden,
SOUND – diese Seite enthält O-Töne von Manfred (himself),
FAREWELL – der Beitrag der WDR-Lokalzeit über die Schließung von ALIBI und die Traueranzeigen der Familie & der Mord(s)beratung.

Es wird darum gebeten auf diesen Seiten zu stöbern und zu lesen, wie in seiner Buchhandlung. Viel Spaß.

Schlaflose Nächte und ein alter Herr

Ich erinnere mich, wie Manfred mir bedauernd antwortete: „nein nix Neues für Dich. Weder von Lehane, Crais, noch von Woodrell oder deMarinis, von Montecino, der hat ja bloß das eine geschrieben, sowieso nicht. Ich bedaure, dass ich  Dich damals vor zwanzig Jahren mit „Unter die Haut“ angefixt  habe, damit habe ich mir die Latte verdammt hoch gehängt. Aber hier kennnste den? Das ist ein Debüt. Unglaublich! Das ist   d o c h   was für Dich.  Dabei legte er  stets die gespreizte Hand vor`s Gesicht, drehte sich diabolisch grinsend nach links weg,  bückte sich dabei leicht und machte einen Schritt zur Seite. Natürlich sorgte dann ein Buch von Manni wieder für eine schöne schlaflose Nacht.


Ich erinnere mich, wie Manfred mir bedauernd mitteilte, dass mein  Vater nicht mehr in den Laden kommen sollte, wenn er Krimis auf schwedisch sucht, das Antiquariat wäre gerade aufgegeben worden. Mein 80jähriger Vater hatte mich öfter in Köln besucht. Direkt nach seiner Anreise aus Berlin, galt sein erstes Ansinnen nicht einem Stadtrundgang, sondern einem Besuch im ALIBI.

Die Trauerrede

Pfarrer Karl Weber
Beerdigung Manfred Sarrazin, 62 Jahre
Am 19.04.13, 13.30 Uhr, auf Melaten, Köln

Liebe Frau Sarrazin,
liebe Familie,
liebe Angehörige, Freunde und Bekannte,
liebe Trauergemeinde!

Wir sind hier versammelt, um Abschied zu nehmen von Ihrem lieben Mann und Sohn, Ihrem guten Bruder, Schwager und Onkel, Ihrem Freund und Bekannten Manfred Sarrazin, der im Alter von nur 62 Jahren nach schwerer Krankheit verstorben ist. Ich persönlich habe den lieben Verstorbenen nicht gekannt, aber Sie haben ihn gekannt und geliebt, geschätzt und geachtet und Sie können nur selbst für sich ermessen, was sein – nach menschlichem Maßstab – allzu früher Tod für Sie bedeutet. Wenn ein Mensch uns verlassen mußte, der zu uns gehörte, mit dem wir – wie auch immer – verbunden waren, dann gehen unsere Gedanken zurück zu dem Leben, das nun auf dieser Erde ein Ende gefunden hat. Auch Sie werden in den letzten Tagen und Wochen sehr häufig und intensiv über das Leben Manfred Sarrazins nachgedacht haben.

Am 23. Januar 1951 wurde er in Recklinghausen geboren. Er entstammte einer Familie, in der viel Wert gelegt wurde auf eine niveauvolle Erziehung und Bildung, was sein Leben natürlich nachhaltig bereichert und geprägt hat. Ich denke, daß er zusammen mit seiner Schwester und seinen Brüdern eine behütete Kindheit und Jugend verbringen durfte; er machte sein Abitur und studierte anschließend Jura in Bochum und Bonn. Mit 30 Jahren entschloß er sich aber, eine andere Laufbahn einzuschlagen. Er machte seine große Liebe zum gedruckten Buch zu seinem Beruf und begann in Marl eine Ausbildung zum Buchhändler. Sie liebe Frau Sarrazin, lernten Ihren Mann Anfang der 1980er Jahre in der Buchhandlung Gleumes kennen – bezeichnenderweise vor dem Regal mit der Amerika-Literatur. Der amerikanische Kontinent hat Manfred Sarrazin zeitlebens besonders fasziniert.

1985 haben Sie geheiratet und 5 Jahre später in der Engelbertstraße gemeinsam ihre bald weit über Köln hinaus bekannte Krimibuchhandlung eröffnet. Die Idee dazu war Ihnen während eines November-Urlaubs gekommen, und ich denke, daß Sie diese Entscheidung nie bereut haben. Mehrmals sind Sie in den vergangenen Jahrzehnten mit Ihrem Geschäft umgezogen. Sie waren am Hohenstaufenring und zuletzt in der Limburger Straße, aber immer sind Sie Ihrem ‚Veedel’, wie man in Köln so sagt, treu geblieben und Sie konnten sich in den vielen Jahren stets einer festen und treuen Kundschaft erfreuen. Aus vielen der Kunden und Kundinnen sind im Laufe der Jahre gute und verlässliche Freunde geworden.

Liebe Frau Sarrazin, im Trauergespräch haben Sie Ihren lieben Mann als einen sehr intellektuellen Menschen beschrieben. Er war äußerst vielseitig interessiert, und liebte tiefgründige Gespräche über Geschichte und Literatur über Kunst und Philosophie, über Politik und Geographie und natürlich über seine geliebte Jazz-Musik. Manfred Sarrazin war ein großer Kino-Fan, und gerne sind Sie zusammen verreist – besonders in die Toskana und in die Bretagne. In den letzten Jahren entdeckten Sie auch Ihre gemeinsame Liebe zu Berlin, speziell zu Kreuzberg – wo Sie häufiger waren.

Der August letzten Jahres brachte eine schwere, ja tragische Wende in Ihr Leben. Die lebensbedrohliche Krankheit wurde diagnostiziert. Es folgten belastende Therapien und die Monate waren erfüllt von Hoffen und Bangen. Aber auch in dieser Zeit seiner Krankheit, die er zwar realistisch einschätzte, hat sich Manfred Sarrazin nicht hängen lassen, sondern sich mit erstaunlicher Kraft und Würde dem Unabwendbaren gestellt. Bis zuletzt blieb er geistig rege, freute sich über die Besuche seiner Lieben und treuer Freunde und hielt sogar noch im Hospiz an der geliebten Tradition seiner Krimistammtische und Weinproben fest. Er brauchte den intellektuellen Austausch mit Gleichgesinnten, den er humorvoller Weise gerne als geistiges Sackhüpfen bezeichnete.

Manfred Sarrazin ist gestorben. Am letzten Sonntagvormittag ist er friedlich eingeschlafen.

Sie bleiben zurück mit Ihren Tränen, mit Ihrer Trauer und Ihren lieben Gedanken an ihn.

Ich denke, wir dürfen sagen, daß der liebe Verstorbene im Ganzen ein überwiegend glückliches und zufriedenes, ja ein erfülltes Leben geführt hat – sowohl beruflich als auch privat. Darauf dürfen wir heute dankbar zurück blicken.

Wir sollten uns aber als Christenmenschen auch trösten lassen durch Worte der heiligen Schrift, die sich an vielen Stellen mit der Endlichkeit unseres Lebens auf dieser Erde befaßt. Aber sie tut es nicht um uns zu ängstigen, sondern uns im Gegenteil Mut und Hoffnung zu schenken im Blick auf das ewige Leben, daß Gott und Jesus Christus geschenkt hat. Wie ich hörte, war Manfred Sarrazin kein sehr religiöser Mensch. Wir können ihn wohl als Agnostiker bezeichnen. Mit dieser Einstellung war er vielleicht dem Jünger Thomas seelenverwandt, von dem wir eingangs in der Evangelienlesung gehört haben. Thomas war auch eher ein Skeptiker. Er ließ sich nicht leicht abspeisen mit einfachen frommen Worten und Behauptungen, sondern war bestrebt den Dingen auf den Grund zu gehen und auch unbequeme Fragen zu stellen. Trotz seiner Skepsis ließ Jesus ihn nicht fallen, sondern setzte ihn wie alle seine Jünger im Apostelamt ein. Auch ein kritischer Geist hat Platz in der Kirche und es wäre vielleicht gut, mehr davon zu haben.

Ob wir gläubig sind oder nicht – die letzten Dinge, das Sterben der Tod und das, was nach unserem Glauben danach kommt, bleiben unserer Erkenntnis verborgen. Wir leben auf dieser Erde nicht im Schönen, sondern im Vorletzten. Dem Letzten können wir uns nur im Vertrauen und Glauben nähern. Auch als Christenmenschen, die von Ostern herkommen, nehmen wir in Trauer Abschied von unseren Lieben. Aber wir tun es nicht in Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit, sondern in dem Vertrauen, daß Gott für uns alle noch etwas Gutes bereithält, das über unseren biologischen Tod hinaus Bestand hat. Dieses Vertrauen, diese Hoffnung, diesen Glauben und diese Liebe möchte ich Ihnen heute wünschen. Amen.

Szenen einer Freundschaft – in zwei Szenen

1. Szene
Eine Studentenbude in Köln-Braunsfeld
Sommer 1988

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Kirschbaum

Hallo Anette,  hier ist die Flo.

Hallo Flo,  wie isset?

Prima,  Examensarbeit fertig,  Dank Deiner Hilfe beim Tippen! Kann also nicht besser sein.

Da trinken wir einen Sekt drauf,  kommt doch rüber.

Ein anderes Mal. Zuerst gehen wir ins Spiegelzelt auf dem Neumarkt,  da ist eine Krimilesung und Diskussion mit meinem Prof. Der gibt diese Reihe raus,  die Du so gern liest. Dann siehste auch gleich,  für wen die Arbeit war. Danach gehen wir Sekt trinken.

Tolle Idee,  machen wir. Kann aber auch Kölsch sein.

2. Szene
Köln,  Spiegelzelt auf dem Neumarkt
Ein paar Tage später

Hei Gaby,  hei Jerry,  hier kennt ihr Anette schon? Meine beste Freundin seit dem 1. Schuljahr! Anette,  das ist Gaby,  die Staatsanwältin und Jerry,  der Pilot. Ich habe Dir ja von ihnen erzählt.

Hei,  Anette! – Florine,  wir stellen Dir auch  jemanden vor: Das ist Manni,  der Krimibuchhändler,  und das ist Barbara,  seine Frau und Mit-Buchhändlerin  …

Nach Lesung und Diskussion gingen wir in irgendeine Kneipe,  in der es mal vor Jahren ein Mord gegeben hatte. Ich weiß nicht mehr wo,  aber der Abend war grandois., Das war der Beginn einer 25 Jahre währenden Freundschaft., Anette und Manni sitzen heute wahrscheinlich ab und zu zusammen auf der Coach,  trinken ein Kölsch oder ein Glas Sekt zusammen. Dabei quatschen sie über Krimis – und über Georgette Heyer. Außer meiner Tante sind das nämlich die einzigen,  die ich kenne,  die die Heyer gelesen und haben. Auch das war Manni.

25.04.2014

Mord, Meine Süße

Kleine Einführung in den Kriminalroman

Im Jahre 1920 stellte der Krimiautor SS van Dine die zwanzig goldenen Regeln des Kriminalromans auf: Die Nummer Sieben in SS VanDines Regelwerk der Krimiliteratur ist bis heute unumstößliches Gesetz: Ein Krimi erfordert mindestens eine Leiche, je toter umso besser. Selbstverständlich ist die ganze Palette des Strafgesetzbuchs legitimer Gegenstand der Gattung. Aber ohne Mordopfer ist das alles nichts, kommt der Gefühlshaushalt des süchtigen Krimiviellesers nicht in Schwung. Damit ist die Gattung natürlich noch keineswegs definiert. Denn neben Sex und Erotik ist Mord seit eh und je von derart brennendem Interesse für die Menschheit, dass auch der Kanon der Weltliteratur nicht ohne ihn auskommt. Also sind sowohl die Blutepen, die das Alte Testament erzählt, wie auch Shakespeares mörderische Königsdramen, oder Dostojewskis Roman Schuld und Sühne gewiss alles hochspannende Stoffe – aber eben nicht Bestandteil des Genres Kriminalliteratur.

Wir nähern uns der Frage Was zum Teufel ist eigentlich ein Kriminalroman? eine uferlose Debatte, die speziell in der deutschen Literaturwissenschaft gepflegt wird – für den Fan übrigens so relevant wie ein Loch im Kopf – und ein bisschen an die Diskussion der mittelalterlichen Scholastik erinnert, wie viele Heilige auf einen Stecknadelkopf passen. Unumstrittener Kern des Genres Kriminalliteratur sind Stoffe, in denen es einen oder mehrere Ermittler gibt, die folgenden Fragen nachgehen: Wer hat das Verbrechen begangen? (Whodunnit). Und Wie war der Tathergang? (Howdunnit). Im Laufe des zwanzigsten Jahrhunderts mit dem Wuchern der Geheimdienste wurde die Frage hinzugefügt: Wer war der Maulwurf – wurde der Spionage und Politthriller allmählich in die Gattung Kriminalliteratur integriert.

Durch die Fragestellung Wer wars aber schon nicht mehr erfassbar sind Chandlers Romane um den Privatdetektiv Philipp Marlowe. Denn die Morde liegen zu Beginn der Romanhandlung noch in der Zukunft. Und wenn die Gewalttat passiert, spielt sie sich oft geheimnislos vor den Augen des Lesers ab. Im Plotaufbau unterscheidet sich die große US-Detektivliteratur nicht vom Handlungsschema eines besonders schmutzigen sozialkritischen realistischen Romans. Und gänzlich versagt das Schema Ein Detektiv klärt ein begangenes Verbrechen auf bei den Mafia- oder Gangsterepen eines Mario Puzo oder eines Elmore Leonard, in der es nicht um die Aufklärung eines Verbrechens geht, sondern höchstens darum, welche Straftat begeht der Schurke als Nächstes.

Stellen wir also fest: Die Gattung Mord und Totschlag hat ein geradezu anarchistisches Wesen – der Kriminalroman verweigert sich beharrlich der Schubladensortierung, die Literaturwissenschaftler so überaus schätzen. Wahrscheinlich fruchtbarer für die Standortbestimmung des Kriminalromans ist die Rückbesinnung auf seine Entstehungsgeschichte. Der Krimi, das Kellerkind der Belletristik, er ist noch weit aus mehr als sein wohlanständiger Bruder, der Roman des bürgerlichen Zeitalters, ein Kind der Aufklärung und einer gewissen geordneten Staatlichkeit.
Bis zum Beginn des neunzehnten Jahrhunderts gab es keinen im modernen Sinne der Aufklärung eines Verbrechens verpflichteten Polizeiapparat. Die Beamten der Obrigkeit waren vor allem geschult in der Verhaftung politischer Gegner und in der Niederschlagung von Hungeraufständen.. Bis zur Mitte des achtzehnten Jahrhunderts waren Indizien kein anerkanntes Beweismaterial, sondern nur die Aussagen mehrerer Tatzeugen. Da diese selten zur Hand waren, war das Geständnis des Täters die übliche Grundlage einer barbarischen Strafsystems, das auch noch für die harmlosesten Eigentumsdelikte nur die Todesstrafe kannte. Im Regelfall wurde das Geständnis des Täters durch Folter erzwungen.

Unter solche historischen Bedingungen eine Krimihandlung anzusiedeln, in der ein intelligenter Detektiv redlich und rational die Fakten sortiert, um den Täter seiner gerechten Strafe zuzuführen, ist ähnlich absurd anachronistisch und einfach schlicht albern , als wenn man in einer Detektivhandlung, die vor dem Ersten Weltkrieg spielt, das Vorhandensein des Internet unterstellen würde. Sie können daraus sehen, was ich von Mittelalterkrimis halte. Nichts: dreifaches Ausrufezeichen. Ohne ein Minimum an Demokratie und formaler Rechtsstaatlichkeit funktionieren weder der klassische Detektivroman, noch sein Zwillingsbruder, der Spionage- oder Politthriller. Das gilt auch für die Gegenwart. In einem System, in dem man Geständnisse durch Folter erzwingt und Menschen nach falscher Klasse oder Rasse oder Religion sortiert, um sie zu diskriminieren, in Konzentrationslager zu sperren oder einfach physisch zu eliminieren, kann es keinen Kriminalroman geben.

In DDR-Romanen durften Verbrechen nur vom Klassenfeind begangen oder als Ausdruck veralteter bürgerlicher Einstellungen dargestellt werden. Es hat zwanzig Jahre praktizierte Demokratie benötigt in der alten BRD, bis Mitte der Sechziger die ersten annehmbaren Krimis erscheinen konnten. Erst seit Francos Tod gibt es spanische Kriminalliteratur. Erst seit Einführung der formalen Demokratie unter Boris Jelzin beginnt in Russland der Detektivroman zu aufzublühen.

Die beiden wesentlichen Voraussetzungen für das Funktionieren von Kriminalromanen sind also ein den Grundsätzen des Rechtsstaats verpflichteter und planvoll vorgehender Polizei – und Justizapparat.

Die USA und Großbritannien hatten in Ansätzen seit dem späten achtzehnten Jahrhundert durch das System der Geschworenengerichte eine geordnete liberale Strafgerichtsbarkeit installiert: Eine Jury unbescholtener Bürger entschied über schuldig oder nicht schuldig, ein juristisch geschulter Richter sprach Rechtsbelehrungen und das Strafmaß aus, es gab einen juristisch geschulten Vertreter der Anklage und einen des Angeklagten.

Die Franzosen hingegen gründeten im Jahre 1810 die erste moderne rational ermittelnde Polizei, sie sind die Erfinder der Kripo, wie wir sie heute kennen. Ihr Gründer war der fünfunddreißig Jahre alte Berufsverbrecher Eugène Francois Vidocq. Er hatte jahrelang in Ketten geschmiedet im Kerker mit den Cornus verbracht Eine berüchtigte französische Mördersippe, die ihre Kinder bereits zum Mord erzog, und – zur Gewöhnung – mit den Köpfen der Toten spielen ließ. 1810 unterbreitete der noch immer zur Fahndung ausgeschriebene Vidocq der Pariser Obrigkeit ein Angebot, das Justizgeschichte schreiben sollte. Der Handlungsdruck der verzweifelten Behörden war riesig: Das Chaos der Revolution und der napoleonischen Kriege hatte die Massen entwurzelt und das Verbrechen explosionsartig in die Höhe schnellen lassen.

Der amtierende Pariser Polizeipräfekt Baron Pasquier beauftragte Vidocq mit der zentralen Bekämpfung des Verbrechens in Paris. Um seine Rolle vor der Unterwelt zu tarnen, wurde er zum Schein verhaftet. Seine nachfolgende Entlassung vollzog sich unter dem täuschenden Mantel eines neuerlichen Ausbruchs. In der Nähe der Polizeipräfektur bezog Vidocq eine Art Hauptquartier. Seine Mitarbeiter wählte er selbst nach dem Grundsatz aus, dass das Verbrechen nur durch Verbrecher bekämpft werden könne. Er beschäftigte zunächst vier, später zwölf, dann zwanzig ehemalige Häftlinge, die er aus einem Geheimfonds bezahlte und einer eisernen Zucht unterwarf. In einem einzigen Jahr verhaftete er mit nur zwölf Leuten achthundertzwölf Mörder, Diebe Räuber und Betrüger.
Nach kurzer Zeit erhielt Vidocqs Organisation den Namen Sureté (Sicherheit) und entwickelte sich in zwanzig Jahren zur ersten funktionierenden Kriminalpolizeibehörde der Welt. Ein ausgefeiltes System von bezahlten Informanten, intimste Kenntnis der Verbrecherwelt, ein einmaliges fotografisches Gedächtnis und eine für die Epoche einmalige Verbrecherkartei bildeten die Grundlage seiner Arbeit. Bis er im Jahre 1833 gehen musste, weil es die öffentlichen Meinung nicht mehr ertrug, dass die Sureté von einem ehemaligen Berufsverbrecher geführt wurde. Vidocq gründete danach das erste Privatdetektivbüro der Welt und beriet Autoren wie Balzac als Autorität in Sachen Verbrechen.

Die durchaus ehrenwerte Furcht des englischen Bürgertums und des Unterhauses vor der Beschneidung der bürgerlichen Freiheiten durch den Staat verhinderte bis 1829 den Aufbau einer Polizeistreitmacht in Großbritannien. 1828 lebten in London 30.000 Personen ausschließlich von Verbrechen. Auf 822 Einwohner kam ein Berufskrimineller Lediglich 15 Kriminalisten kannte die Millionenmetropole, die in der Bowstreet stationierten sogenannten Bowstreet Runner. Zum Teil durchaus instinktsichere Kriminalisten, waren sie ohne Ende korrupt. Reiche Leute konnten ihre Dienste mieten. Sicherheit für Leib und Leben garantierte nicht der Staat, die musste man käuflich erwerben. 1828 gab es ganze Bezirke, in denen man am hellen Tage ermordet werden konnte. Am siebten Dezember 1829 zogen tausend neu angeworbene Polizisten in blauen Fräcken und grauen Leinwandhosen, einen schwarzen Zylinder auf dem Kopf, durch die Strassen Londons zu den über die Stadt verteilten Polizeistationen. Die Zylinder sollte den Bürgern vor Augen führen, dass nicht Soldaten ihren Schutz übernahmen, sondern Bürger.

Es bedurfte einiger bestialischer Morde, um dem Staatssekretär des Innern 1842 zu Gründung der ersten britischen Kripo zu bewegen. Zwölf Beamte zogen ihre Uniform aus und wurden Detektive. Sie bezogen drei kleine Räume in einem Gebäudekomplex, der früher den schottischen Hoheiten als Quartier gedient hatte, wenn sie den Hof in London besuchten. Daher der Name der Name Scotland Yard, der im Laufe der Jahre zum Inbegriff der englischen Kriminalpolizei geworden ist. Drei der Zwölf gingen in die Geschichte ein: Field, Smith und Wicher. Field war das Vorbild für Inspektor Bucket, Charles Dickens Romangestalt im Roman Bleak House. Es geschah zum ersten Mal in der britischen Literatur, dass sich ein Romanheld mit den Worten vorstellte: Ich bin ein Detective Officer. Aber bis aus diesen Anfängen der berühmte Scotland Yard wurde, auch international gehandelt als eine der besten Polizeiorganisationen der Welt, sollten noch Jahrzehnte vergehen.

Die Kompetenz der Pariser Sureté erreichte Scotland Yard erst um die Schwelle zum zwanzigsten Jahrhundert. 1870 hatte sich die Zahl der Detektive erst auf vierundzwanzig verdoppelt. 1878 reiste der neue Commissioner vom Yard nach Paris, um sich bei der Sureté Anregungen für die Reorganisation der Kripo zu verschaffen. Im Vergleich zu Frankreich steckte die Archivierung bekannter Verbrecher in Fotodateien immer noch in den Kinderschuhen. Die 115.000 Verbrecheralben waren derart unsortiert, dass an einem einzigen Tag im Jahre des Jahres 1893 zweiundzwanzig Beamte in siebenundfünfzig Arbeitsstunden von siebenundzwanzig Häftlingen nur sieben identifizieren konnten. Viele Inspektoren konnten nicht richtig lesen und schreiben. Und das Ansehen der Polizei gerade bei den gebildeten Schichten war immer noch sehr schlecht. Es sank endgültig in den Keller im Herbst 1888, als der Londoner Stadtteil Whitechapel durch fünf unfassbar brutale Prostituiertenmorde aufgeschreckt wurde. Der nie gefasste Schlächter sollte unter dem Namen Jack The Ripper in die Kriminalgeschichte eingehen und zum Alptraum des victorianischen Zeitalters avancieren. In einem Bekennerbrief an die Polizei schrieb er: Ich knöpfe mir Huren vor und werde nicht aufhören, sie aufzuschlitzen, bis man mir Hand anlegt. Er hatte fünf Gelegenheitsprostituierte auf offener Straße erstochen und auf grausamste Art verstümmelt. Nach einmonatiger Pause fand die Polizei sein letztes und sechstes Opfer, die Leiche der zwanzigjährigen Mary Jane Kelly, die Körperteile wie in einem Puzzle des Grauens über ein blutverschmiertes Zimmer verstreut. Danach verschwand der Täter unerkannt.

Entsetzte Zeitgenossen korrespondierten – das ist wirklich wahr – mit dem Londoner Arzt Arthur Conan Doyle über die Frage, was wohl Sherlock Holmes zu den Ripper-Morden sagen würde. Im Jahr vor den Rippermorden im Roman Studie in Scharlachrot zur Welt gekommen, war sein Ruhm schon so überwältigend, dass simpler gestrickte Personen des victorianischen Zeitalters ihn für eine Person der Zeitgeschichte hielten. Im zweiten Roman Im Zeichen der Vier aus dem Jahre

1890 erfährt der Leser die besonderen Kenntnisse des Meisterdetektivs in Listenform:

  1. Literatur: Null
  2. Philosophie: Null
  3. Astronomie: Null
  4. Politik: Schwach
  5. Botanik: Bis auf umfassende Kenntnisse in Toxikologie Null
  6. Geologie: Unterscheidet auf einen Blick die verschieden Erdarten. Nach der Rückkehr von Spaziergängen kann er von den verschiedenen Spazierflecken auf seinen Hosen sagen, aus welchen Vierteln Londons sie stammen.
  7. Chemie: Umfassende Kenntnisse
  8. Anatomie: Gründliche, aber unsystematische Kenntnisse
  9. Kriminalgeschichte: Scheint jede in unserem Jahrhundert verübte Greueltat bis in alle Einzelheiten zu kennen.
  10. Guter Geigenspieler
  11. Ausgezeichneter Boxer und Fechter

Ein Übermensch: Der seine detektivische Methode so erklärt: Wenn man alles ausgeschaltet hat, was unmöglich ist, bleibt am Ende etwas übrig, das die Wahrheit enthalten muss, mag es auch noch so unwahrscheinlich sein. Mit Holmes tritt der literarische Detektiv direkt ins wissenschaftliche Zeitalter. Er verlässt sich nicht ausschließlich auf seine analytischen Fähigkeiten und Instinkte, sondern vor allem auch die Hilfsmittel, die ihm die moderne Wissenschaft zur Verfügung stellt. Mikroskop und chemische Analyse werden wichtiger als soziale Zusammenhänge und psychologische Hintergründe. Das erklärt den ungeheuren Erfolg Doyles in der fortschrittsgläubigen britischen Gesellschaft. Die gerade diesen Aspekt bei ihrer Polizei zu Recht vermisste. Nach heutigen Maßstäben war der durchschnittliche Scotland Yard Beamte des Jahres 1888 ein extrem schlecht ausgebildeter Kriminalist. Man konnte froh sein, wenn ein angeborener gesunder Menschenverstand zu einigermaßen vernünftigen Ergebnissen führte. Das Ansehen der Polizeiorgane entsprach dem des Inspektor Lestrade in den Holmes Romanen: Wenn sie nicht gerade bestechlich waren, roh, ungebildet und vertrottelt waren sie allemal. So erklärt es sich, dass in der britischen Kriminalliteratur bis zum Zweiten Weltkrieg der hochgebildete Amateurdetektiv, in der US-Krimiliteratur aus den gleichen Gründen der honorige unbestechliche Privatdetektiv so häufig auftauchte.

Doyle gelang auf Anhieb der perfekte Whodunnit, der fast perfekte gestrickte Indizien- und Rätselkrimi, in dem der Leser drauf kommen könnte, denn er weiß soviel wie der Protagonist. Dass er dabei in den Fußspuren Poes wandelt – 1848 erschien mit dessen Kriminalkurzgeschichte Der Mord in der Rue Morgue der erste Krimi überhaupt ­ tut Doyles Leistung überhaupt keinen Abbruch. Denn Poe war groß als Horrorautor, seine Krimis befanden sich noch im Experimentierstadium. Mit Studie in Scharlachrot, achtundsiebzig Jahre nach Gründung der ersten Kripo der Geschichte in Paris, hat sich der Kriminalroman mit voller Wucht als neues Genre der Massenunterhaltung etabliert. Denn der Erfolg war sofort riesig Der Krimi sollte die Unterhaltungsliteratur des neuen Jahrhunderts werden. Bis 1920 erschienen in der englischsprachigen Welt 1300 Krimititel, von 1920 bis 1940 schon 8000 von 1940 bis 1960 schon 15000 Titel..

Scotland Yard setzte ab dem Jahre 1901 als erste Polizeibehörde der Welt auf die Daktyloskopie als das Mittel der Identifizierung schlechthin. Sir Edward Henry hatte als Polizeichef Bengalens in Kalkutta ein brauchbares, bis heute verwendetes System der Klassifizierung von Fingerabdrücken entwickelt. Seit 1901 Police Comissioner in Scotland Yard, boxte er zusammen mit dem charismatischen Vertreter der Anklage, Henry Muir, den Fingerabdruck in spektakulären Prozessen als probates Beweismittel durch und überzeugte damit Presse und Öffentlichkeit. Zum ersten Mal in seiner Geschichte bekam der Yard ein positives Image.

Die Identifizierungserfolge waren dramatisch. Innerhalb eines einzigen Jahres identifizierte die neue Fingerabdruckabteilung 1722 Vorbestrafte. Im Jahre 1910 bei der Verurteilung des Giftmörders Dr. Crippen, feierte die britische Gerichtsmedizin ihren ersten großen Triumph. 1928 verwendete der Yard als erste europäische Polizeiorganisation das sogenannte Vergleichsmikroskop, das die Zuordnung von Kugeln zu einer bestimmten Waffe ermöglicht.

Ende der zwanziger Jahre war Scotland Yard die professionellste Polizeibehörde der Welt. Kein Grund also, nicht auch in der Literatur auf den Einsatz von Amateurdetektiven zu verzichten. Dass sich diese Entwicklung nicht so schnell vollzog, liegt an zwei Autorinnen, die den britischen Krimi auf nachhaltigste Weise geprägt haben. Sie haben ein Krimisubgenre geschaffen, dass der Brite Cosy nennt (wortwörtliche Übersetzung: Eierwärmer) und für das der frühere Krimikritiker der FAZ Jochen Schmidt, den schönen Ausdruck Britische Häkelschule erfand. Südengland im Juni, gefällig gehügelt, kleine Cottages, von Rosen und Geißblatthecken umgeben, vertrottelte indische Majore, schnell verlegen werdende Vikare und Detektive, die eine dandyhafte Mischung aus Aristokrat und Künstler sind:

Agatha Christie verfasste zwischen 1920 und Mitte der siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts ungefähr 80 Krimis mit einer Weltauflage von weit über 500 Millionen Exemplaren. Das Personal besteht aus angenehm versnobten Leuten der oberen Mittelklasse, Opfer und Mörder sind austauschbar. Das Problem heißt grundsätzlich: Wer tat es, das Rätsel wird nie vom Motiv her gelöst, sondern immer nur durch die Indizien. Mordmotive haben im Grunde alle Figuren. Ihre Protagonisten sind der eierköpfige Belgier Hercule Poirot auf der einen und in einem Dutzend Romanen Miss Jane Marple auf der anderen Seite, die nie aus ihrem Dorf St. Mary Mead heraus kommt. Beide Protagonisten sind im Grunde Gehirnakrobaten, Meister der Deduktion, das haben sie mit Holmes gemeinsam. Aber im Unterschied zu Holmes sind sie keine intellektuellen Maschinenmenschen, nur Hirn und sonst nichts, sondern haben eine ausgeprägte psychische Struktur. Wie auch die Nebenfiguren der Christie.

Christie wird gerne unterschätzt. Es stimmt, dass sie ihre Leser beschummelt, der Detektiv hat am Schluss immer eine Information mehr, ohne die der Plot nicht lösbar ist. Und es ist richtig, dass sie ihre Krimis immer nach der selben Masche maschinell häkelt. Wer soviel schreibt, ist halt Chef eines Wortkonzerns, wo die Klischees nur so in Massenproduktion gehen. Aber es gibt eben nicht nur den Unterschied zwischen guten und schlechten Büchern. Sondern viel wichtiger ist der Unterschied zwischen schlechten schlechten und guten schlechten Büchern. Wie Grisham und Chrichton und gehört Agatha Christie zu denen, die saugute schlechte Bücher schreiben.

Zwei Gründe: Sie ist die Meisterin im Konstruieren von Spannungsbögen. Sie weiß, wann sie neues Personal aufbieten muss, sie weiß, wann sie Gas geben oder den Fuß vom Gaspedal nehmen muss. Nicht umsonst wird sie immer wieder aufs Neue von der Altersgruppe entdeckt und verschlungen, der es nur auf Tempo ankommt: Kindern und Jugendlichen. Und sie hat den Geruch für den Gestank des Bösen und Gemeinen und glaubt, dass es in jedem von uns steckt. Deshalb hat auch immer jede ihrer Personen ein Mordmotiv. Agatha Christie glaubt nicht an Unschuld. Schließlich war sie die erste Krimautorin, die mit dem Titel Das krumme Haus einen Roman verfasste, in dem ein Kind der Mörder ist. Und das finde ich höchst modern.

Dorothy Sayers war eine der ersten Frauen Englands mit abgeschlossenem Hochschulstudium. Und ihr ambitioniertester Krimi thematisiert genau das. In ihrem schönsten Roman Aufruhr in Oxford ruft die Rektorin eines Frauencollege die Kriminalschriftstellerin Harriet Vane und deren Freund, Amateurdetektiv Lord Peter Wimsey um Hilfe, weil der Täter Frauen offensichtlich deswegen attackiert, weil sie akademische Ambitionen haben. Amateurdetektiv Lord Peter Wimsey ist zweiter Sohn des Herzogs von Denver, traumatisiert durch die Schützengräben des Ersten Weltkrieges in Flandern. Vor schnöder Arbeit bewahrt ihn sein Privatvermögen. Gerettet vor der Verschüttung in den Schützengräben hat sie ihn sein jetziger Butler Bunter, der bei seinen Mordfällen als Fingerabdruckexperte und Spurensicherer fungiert. Harriet Vane ist Kriminalschriftstellerin, wurde durch Lord Peters Ermittlungen vor der Todesstrafe bewahrt und wird im letzten Roman von Sayers mit Lord Peter verheiratet sein. Shakespeare-Zitate, verschmockter spleeniger Humor, eine Prise Jane Austen Atmosphäre, ein Touch von Gesellschaftsroman, Liebesgeschichte und perfekt konstruiertes Whodunnit-Schema, mit Spannungsbögen, so sauber konstruiert wie bei der Christie. Und eine gute Prise instinktiver Psychologie. Autorinnen wie Elizabeth George und Minette Walters bedienen sich bis heute bei Versatzstücken der Sayers, die erste Queen of Crime, die den Krimi mit schlau eingesetzten bildungsbürgerlichen Elementen auch dem literarisch ambitionierten Leser schmackhaft machte.

Die Handwerkszeuge für bis heute achtzig Prozent aller veröffentlichten Kriminalliteratur liegen damit fast bereit. Was fehlt, fügte ab Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts das Trio Infernale des Krimis hinzu, das verantwortlich ist für die tiefenpsychologische Aufladung des Genres. Ruth Rendells, Margaret Millars und Patricia Highhsmiths Psychogramme sich selbst zerstörender Unglücksraben, deren Terror sich im eigenen Kopf abspielt, eine Psychologie der Katastrophe, war das, was noch fehlte, um dem Krimi eine subtil höllische Dimension zu verleihen. Die nicht inspiriert ist von kriminologischen Studien, sondern von der Lektüre Freuds, Adlers und Jungs. Den Klassikern der Psychoanalyse eben. Die Lektüre von Rendells, Millars oder Highsmiths Prosa sollten suizidgefährdete Personen am besten vermeiden. Für angehende Autoren, die sich beibringen wollen, wie man die Abgründe von Beklommenheit und Verzweiflung in Millimetern misst und adäquat sprachlich umsetzt, ist sie Pflichtlektüre:

Damit ist der Erfolgscocktail von achtzig Prozent auch der gegenwärtigen erscheinenden Krimiliteratur gemixt. Vierzig Prozent Christie wegen dem Tempo und der guten Schnitte, vierzig Prozent Sayers wegen dem bildungsbürgerlichen Duktus, zehn Prozent Doyle wegen eines sauberen Whodunnit Schemas, fünf Prozent Poe wegen den Horrorelementen, fünf Prozent Rendell und Co. wegen der psychoanalytischen Komponente. Als Zugeständnis an den Zeitgeist und veränderte Realitäten sind natürlich auch in England seit dem Zweiten Weltkrieg die Ermittler Polizisten und keine Amateurdetektive mehr.

Zeit für einen Sprung über den Atlantik:

Der Cellokasten springt auf und im weinroten Samtfutter liegt ein fabrikneues Maschinengewehr. Im Morgengrauen werden die Leichen entdeckt: Der Milchmann auf seiner Runde findet sie neben dem Hydranten, der Liftboy in de Hotelhalle, der Magazinverwalter zwischen den Ölfässern im Schuppen Schwarze, schwer gepanzerte Cadillacs fahren beim Luxusrestaurant, dem Rathaus schräg gegenüber, vor, wo die Mörder ein Bankett zu Ehren der Stadtverwaltung geben. Beim dritten Toast nimmt der Staatsanwalt aus den Händen eines unrasierten Herrn eine goldene Taschenuhr entgegen. Sie ist in einen Scheck gewickelt.

Mit dem obigen Zitat beginnt Enzensbergers Chikagoballade eine Einstimmung in Amerika der Zwanzigerjahre. Amerika im frühen zwanzigsten Jahrhundert, es ist eine andere Wirklichkeit. Deshalb müssen die Krimis völlig anders sein. 1926 registrierte man in den USA mehr als 12.000 Morde, wovon zwei Drittel ungesühnt blieben. Täglich ereigneten sich zwei Banküberfälle. 1934 schätzte man, dass die Zahl der bewaffneten Verbrecher größer war als die Zahl der Soldaten im Ersten Weltkrieg. 1929 war der Wallstreet Crash. 1930 begann die große Depression, die Millionen Amerikaner in die Katastrophe stürzte. Und 1930, von der Kritik auf der Stelle enthusiastisch gefeiert, erschien der erste ernst zu nehmende Privatdetektivroman der Weltgeschichte: Der Malteser Falke, geschrieben vom ehemaligen Detektiv der Agentur Pinkerton, Dashiell Hammett.

Mit der Jagd nach dem Malteser Falken beginnt die Geschichte des hartgesottenen Private Eye. Das schöne und berechnende rothaarige Biest Miß Wonderly alias Brigid O’Shaughnessy schreckt vor keinem Mord und vor keiner erotischen Attacke auf Privatdetektiv Sam Spade zurück, um an das Objekt ihrer pathologischen Begierde, den Falken zu kommen. Das Ende bekommt ihr nicht. Aber bevor Sam Spade die holde Killerin wegen dreifachen Mordes an die Polizei ausliefert, fällt aus seinem Mund der schöne Satz, den Generationen von Hard Boiled Fans seither zitieren: „ If they’ll hang you, I’ll always remember you.“ Die schöne Femme Fatale und der sich zynisch gebende, aber nicht durch Geld und nicht durch Sex verführbare Privatschnüffler – ein Schema, das durch die Marlowe-Romane Raymond Chandlers endgültig zur Erfolgsformel werden sollte.

Der kalifornische Autor Raymond Chandler hat in den 40ern ein Plädoyer für den realistischen Kriminalroman entworfen als Gegenkonzept zu Sayers parfümierten Countrysidedramen, und als Modell für seine sieben Romane um den Privatdetektiv Philipp Marlowe. Und dieser Aufsatz liest sich wie ein Essay über amerikanische Realität in der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts: Der Realist der Mordgeschichte beschreibt eine Welt, in der Gangster ganze Nationen regieren können und Städte sogar manchmal regieren und berühmte Restaurants sich im Besitz von Männern befinden, die ihr Geld mit Bordellen gemacht haben, in der ein Filmstar Zuträger einer Bande sie kann und der nette Boss von gegenüber Boss eines Glücksspielsyndikats ist. Raymond Chandler hat den Privatdetektivroman geradezu in Stein gemeißelt. Unkopierbar. Wegen seiner bilderreichen Sprache, einer aus US-Straßenslang – den Chandler, aufgewachsen in England, wie eine Fremdsprache lernen musste – verdichteten Kunstsprache von unvergleichlicher Prägnanz: Philipp Marlowe über Kunstblondinen: Sie trug lange blonde Haare mit kurzen schwarzen Wurzeln. Philipp Marlowe über Swimmingpools: Nichts ist leerer als ein leerer Swimmingpool. .Philipp Marlowe über übertriebene Kleidung: Er war ein großer Mann, nur knapp zwei Meter groß und nicht ganz so breit wie ein Bierwagen. Er trug einen plüschigen Borsalino, eine graue Sportjacke mit weißen Sportbällen anstelle von Knöpfen, ein braunes Hemd, einen gelben Schlips, eine weite scharfgebügelte graue Flanellhose und Krokoschuhe mit weiß an den Spitzen explodierenden Kappen. Er sah etwa so unauffällig aus wie eine Tarantel auf einem Quarkkuchen.

Seit der Reaganära werden in den USA alle ungeklärten Sexualmorde und Mordfälle ohne erkennbares Motiv dem FBI gemeldet. Alle Serienmorde sind zudem automatisch Bundesangelegenheiten. Gut 20.000 Morde verzeichnet die US-Statistik pro Jahr, davon bleiben im Schnitt 5000 ungeklärt. Wahrscheinlich ein Viertel dieser rätselhaften Bluttaten geht auf das Konto von den Opfern völlig fremden Mehrfachtätern, die aus purer Mordlust töten. Das FBI geht davon aus, dass der durchschnittliche Serienmörder im Laufe seiner acht bis fünfzehn Jahre währenden Karriere zehn bis zwölf Menschen tötet und errechnet auf Grund dieser Schätzungen eine Zahl von rund 500 aktiven Killern, die über Jahre die USA mordend durchstreifen. Anfang der 80er befragte das FBI 36 einsitzende Serienmörder. Die Ergebnisse dieser Interviews hielten sie jeweils in einem siebenundfünfzig Seiten langen Protokoll fest: Danach zeichnen den idealtypischen Serienmörder folgende Merkmale aus:

  • Er ist in hundert Prozent aller Fälle männlichen Geschlechts.
  • Seinen Opfer sind zu mehr als 90 Prozent weiblichen Geschlechts.
  • Sein Durchschnittsalter beträgt 20 bis 40 Jahre.
  • Er ist überdurchschnittlich intelligent.
  • -Er ist zu mehr als achtzig Prozent europäischer Abstammung.
  • Er tötet nur Angehörige der eigenen Rasse.
  • Er gehört zu Mittelklasse.
  • Trotzdem ist sein Vater überdurchschnittlich strafauffällig.
  • Er ist Opfer sexuellen Missbrauchs.
  • Er ist ein pathologischer Lügner.
  • Er beginnt seine Gewalttäter Karriere mit vorsätzlicher Brandstiftung und systematischer Tierquälerei.
  • Er ergreift die notorischen Einzelgängerberufe. Zeitungsausträger, Wachmann, Pförtner, Hausmeister.

Für den Tathergang gelten folgende spezifische merkmale:

  • Wiederholungszwang. Solange man den Täter nicht erwischt, mordet er weiter.
  • Der Serienmörder mordet unter vier Augen und bevorzugt Mordmittel mit Körperkontakt.
  • Täter und Opfer kennen sich nicht.
  • Der Serienmörder hat den abstrakten Tötungstrie b, er begeht keine Leidenschaftstaten im herkömmliche Sinn und wird auch nicht durch das Opfer provoziert.
  • Der Serienmörder ist der intellektuelle Killertypus, der seine Bluttaten wie nach Drehbuch inszeniert und bewusst in kulturgeschichtliche Zusammenhänge stellt. Prototyp eines Serienmörders mit Bildungsbürgeranspruch ist der britische Moormörder Ian Brady. Inspiriert zu seinen Morden haben ihn folgende Werke: Schuld und Sühne von Dostojewski, Justine von Marquis de Sade und Mein Kampf von Adolf Hitler.
  • Der Serienmörder mordet nicht, um nach vollzogener Vergewaltigung seine Spuren zu verwischen, sondern die Abschlachtung des Opfers ist krönender Abschluss einer ritualisierten sadistischen Phantasie.

Auf die FBI Studie mit 36 Serienmörderinterviews haben sich zahllose Krimiautoren gestützt. Bei der Thomas Harris Verfilmung Das Schweigen der Lämmer haben Profiler aus Quantico als Berater fungiert. Da sorgfältig arbeitende Autoren semidokumentarisch arbeiten, das heißt, Quellen wörtlich zitiert in ihre Fiction einarbeiten, um dien Authentizitätsgrad zu steigen, wird jeder Leser eines Serienmörderromans der 80er und 90er Jahre in ein makaberes literarisches Tonstudio versetzt: Aus den Kopfhörern wispern die Pamphlete, Ausrottungsprogramme und Rechtfertigungsarien verschiedenster Killer. Authentische Selbstporträts sehr begabter neurotischer Mörder, aufbereitet durch sehr clevere Thrillerautoren. Das war vor fünfzehn das absolut Neue an diesem Subgenre des US-Krimis, das durch die Studie des FBI angestoßen wurde.

Wer Filme von Quentin Tarantino kennt, Pulp Fiction, Jackie Brown oder Reservoir Dogs, der wird Zeuge einer langen Tradition, auf die diese Kinostreifen zurückgreifen Die hässlichen Amerikaner nennt der Krimikritiker Jochen Schmidt Autoren wie Jim Thompson oder Jaimes M. Cain, Verfasser einer Art von Büchern, die nicht interessiert ist an der Aufklärung eines Verbrechern und schon gar nicht daran, dass der Täter der Justiz übergeben wird. Sie interessiert nur noch das Verbrechen selbst, die Gesellschaft, in der es stattfindet und der Verbrecher, der seine Taten selbst erzählt. Elmore Leonard, Tom Kakonis, Carl Hiaasen und Charles Willeford. haben in den 80er das Genre Gangster, Berufsverbrecher, Berufsmörder einer Runderneuerung unterzogen und mit immer höllischerem Humor aufgeladen. In ihren Romanen herrscht die nackte Verzweiflung, aber man lacht darüber. Ein besonders gelungenes Beispiel dieser Gattung ist Miami Blues von Charles Willeford, der zusammen mit dem Miami Herald Kolumnisten Carl Hiaasen die Gattung erfunden hat die ich Florida Noir oder Crime aus den Subtropen nenne.

Empfohlene Bücher

Jenny Siler, Ticket nach Tanger, Fischer Verlag, 314 Seiten
Nick Stone, Mr Clarinet, Publisher: Penguin, 568 Seiten
Robert Wilson, Tod in Lissabon, Goldmann Verlag, 638 Seiten

Manfred Sarrazin

Für die Buchhandelsführungen Seitenweise
in Köln in den Jahren 2006 ff.

Manni in New York

Ich erinnere mich, wie Manni Spuren in New York hinterließ.

Es war März 2003, kurz vor dem amerikanischen Angriff auf den Irak. Ich wollte eine Freundin in New York besuchen. Wir trafen uns an der Grand Central Station, Ausgang 45th Street. Als sie mich umarmte und sagte: „I am so happy to see you!“, war ihr Gesichtsausdruck dabei so ehrlich, wie der von Colin Powell, als er vor der UN Vollversamlung von den irakischen Massenvernichtungswaffen sprach. Der Rush Hour Verkehr holperte zu ihrer Wohnung in Greenich Village. Steak, Bier und Whiskey beendeten den Abend in einem tristen EsMoll. Nach einer überflüssigen Nacht rief ich von einer Telefonzelle einen Freund in Harlem an. Von dort aus erkundete ich New York. Ich aß Soulfood in “ Big Rosas Joint“, sah Konzerte im „CBGBs“, lachte im „Comedy Cellar“ im Village und als mir mein Lesestoff ausging, landete ich im „Murder Inc“ auf der Upper Westside. Ich stöberte herum. Nach einer Weile kam der Verkäufer zu mir. Ein bärtiger Typ mit lichtem, langen Haar, das zu einem dürren Pferdeschwanz gedrechselt war. Er trug ein Sweatshirt mit dem Gesicht von Raymond Chandler drauf.

„Need a recommendation?“

„Yeah shure“

Er kam mit den Atticus Kodiak Romanen von Greg Rucka an

„Sorry man, I read those“sagte ich. Ein leichtes Schmunzeln um den zauseligen Bart zeigte an, dass er sich über die Herausforderung freute, etwas anderes als Micheal Crichton zu verkaufen.

„Gimme a minute“.

Ich gab sie ihm er kam zurück mitr einem Stapel von Büchern. Pelecanos, Jon A. Jackson. James W. Hall. Dennis Le Hane.

Ich kannte das meiste.

„Damn you are one hard costumer, where ya from?“

„Cologne, Germany“

„Aww Shit, I hardly sell any books to tourists from Cologne,. You have this crazy connaisseur there, whats his name, Marty?“

„No, Manni“

„Yeah right, Manni, thats him, he´s world class, tell him kind regards.

„Shure, will do.“

Ich kaufte ein paar Klassiker, von Scott Phillips und John D. Mac Donald . Dann ging ich in eine kleine Bar und trank ein Budweiser und einen Old Granddad darauf, dass Manni in New York Spuren hinterließ.

23.09.2013

Manni die Blutgrätsche

Ich erinnere mich, wie Manfred am Ende der „telefonischen Mordsberatung“, nach fast zweistündiger Livesendung, immer anhob, seinen absoluten Lieblingskrimi der jeweiligen Sendung anzupreisen. Und wie es so ist, wenn man von einem Kunstwerk oder einem Roman (für Manfred war ein guter Kriminalroman auch immer ein Kunstwerk) wirklich entflammt ist, dann verschlägt es einem schon mal die Sprache.

Und so schauten alle Mitstreiter stets gebannt auf „Manni die Blutgrätsche“ und hofften, dass der Wort-Motor auch anspringen möge. Manfred machte das, was alle guten Stotterer in den Momenten machen, wenn Emotionen auf die sprachlichen Gleise springen wollen.

Er stoppte mitten im Satz und machte eine dramaturgische Pause, da wo man sie gar nicht vermuten würde. Keiner konnte so mehr Spannung erzeugen als er und nur wenige wußten, dass dieser sprachgewaltige Krimibuchhändler auf diese Weise immer auch gegen die eigene Aufregung anredete.

 08.05.2013

Manni als Babysitter

Ich kann mich ehrlich gesagt nicht mehr erinnern, wie es dazu gekommen ist. Es gab keine Patenonkelverpflichtung oder ähnliches. Die Kinder kannten Manni eigentlich nicht und die Eltern hatten damals einige zuverlässige Freunde, die bei Notwendigkeit einsprangen.

Ich kann mich auch an kein Gespräch mit Manni darüber erinnern, wahrscheinlich lief das über Barbara, optimistisch-pragmatisch: Es kann ja wohl nicht so schwer sein, eine Vierjährige und ihren hörigen Bruder davon abzuhalten, die Wohnung abzubrennen oder schlafwandelnd auf die Straße zu laufen.

Man kann ja auch romantische Vorstellungen vom Kinderhüten haben, Eltern und Babysitter gleichermaßen: Die Kinder, frisch gewaschen und in ihren Schlafanzügen, bekommen ein zwei Lieblingsgeschichten vorgelesen, schlafen friedlich ein und Manni liest gemütlich ein Buch und trinkt ein Glas Wein bis die Eltern heimkommen zu warm erleuchteten Fenster und einem Babysitter, der auf dem Sofa eingenickt ist, weil es leider doch etwas später geworden ist.

Zumindest der erste – die Kinder waren definitiv gewaschen – und der letzte Teil der Romantik – das mit den Fenstern – stimmen völlig mit meiner Erinnerung überein.

Allerdings hat sich wohl in der Zwischenzeit ein mittleres loriotsches Drama abgespielt. Vermutlich begann es beim Vorlesen, welches zugegebenermaßen auch bei den Eltern nicht immer erfolgreich verlief – hier eine falsche Betonung, da ein verkürzter Absatz. Vielleicht hatte Manni auch einfach nach der vierten Geschichte keine Lust mehr, immerhin hat man ja auch als Babysitter eine Vorstellung über das Verhältnis zwischen Arbeit und Spaß, gerade dann, wenn man nicht mal dafür bezahlt wird.

Die Kinder verweigerten jedenfalls die Idylle des rotwangigen Schlafs. Von einem zufriedenen Hinübergleiten aus dem Märchenland ins Traumland keine Rede. Beide kamen offenbar wieder aus den Betten und spielten munter weiter.

Jack sprach zu der Zeit eine bislang nicht wieder aufgetretene Sprache, daher war Manni für die Verhandlungen über ein erfolgreiches Ergebnis des Abends auf Olivia verwiesen. Olivia: Stier, dritte Generation irisch, zweite Generation anthroposophisch und unglücklicherweise zu diesem Zeitpunkt noch nicht nachhaltig erzogen. Sie handelte Regeln täglich neu aus und war daher rhetorisch auf das letzte Wort trainiert. Womit sie Manni – Intellekt, Vernunft, Philosophie, Strategie, Diplomatie – allerdings nicht unbedingt gewachsen war. Eigentlich muss man sagen, dass es vielleicht sogar eine erzieherisch wertvolle Konstellation war, die sich hier eröffnete.

Über den genauen Hergang gibt es heute nur noch Vermutungen, das Ereignis qualifiziert bislang bei keinem der Kinder für eine Traumatherapie. Wenn ich mich allerdings an die Diskussionen mit Manni erinnere, bei denen ich anderer Meinung war als er, muss hier ein heftiger Disput entbrannt sein, in dem sich Olivia irgendwann so unterlegen gefühlt hat, dass sie auf Mannis einzige offensichtliche Schwäche abzielend zum Äußersten bereit war:

„Pass bloß auf, ich hab einen Freund, der ist stark, der kann Brillen kaputt machen.“

Toll

Manni als Babysitter ist natürlich nicht, wie ich Manni in Erinnerung behalten werde, ich war ja nicht dabei. Meine Erinnerung ist akustisch: Wie Manni immer „toll“ gesagt hat, egal was man ihm erzählt hat.  Tief, langgezogen, voller Neugierde, Bewunderung, Anerkennung, Offenheit, was auch immer. Was man da rausgehört hat, hat Thilo in seiner Rede so schön beschrieben.

01.11.2013

Keine Hoffnung für die Lesenden

So lautet meine eher schlichte Definition von „Noir“. Das ist eine aus jahrzehntelanger Verkaufserfahrung entwickelte Präventivformel, damit diese Art von Literatur nicht in die falschen Hände gelangt. Schließlich hat gerade ein Krimibuchhändler gewisse Fürsorgepflichten gegenüber seinen Kunden. Es gibt nun einmal sehr viele, die bevorzugen die Literatur der klassischen „Britischen Häkelschule“, umgesiedelt in erlesen kultivierte italienische Städte. Bevölkert von zu Commissarios mutierten Lord Peter Wimseys mit guten Tischmanieren und römisch aristokratischen Profilen. . Der Konsum solcher „Olivenölkrimis“ ist genauso legitim wie der von Pilcher-Romanen. Jeder entscheidet schließlich selbst, wie er seine Kohle los wird. Aber damit sich ein Kunde mit so einem Leserprofil nicht am nächsten Tag von der Deutzer Brücke in den Rhein stürzt – so eine Schlagzeile würde dem Kölner Krimibuchhändler doch sehr nahegehen – setzte ich im Zweifel rhetorisch noch eins drauf und verkünde. „Nichts für Suizidgefährdete“.

Meine persönliche Richterskala für die Nachhaltigkeit von Noirliteratur ist unter anderem das Ausmaß meiner Furcht beim Lesen. Den größten Terror erzeugte – noch heute nach mehr als 15 Jahren hasse ich den Autor deshalb – das absolute Meisterwerk des Schreckens „Ich war Dora Suarez“. Deshalb muss sein Autor Derek Raymond ein Genie sein. Der No Name Detective der Londoner Polizeibehörde „Factory“ findet das Mordopfer Dora Suarez, abgeschlachtet mit Axthieben und umgeben von Reiseprospekten, die für Flitterwochen in Hawaii werben. Das Mordopfer ist wie eine Braut geschmückt. Ihr Schlächter ist einem kunstvoll inszenierten Selbstmord zuvorgekommen. Er hat ihr seine Mordabsichten schon seit Wochen in diversen Schreiben angekündigt, die sich wie Liebesbriefe lesen. Bildlich gesprochen: Man befindet sich in England bei feuchtklammen acht Grad Celsius, und sitzt in einem ungeheizten Scheißhaus mit Blut an den Wänden. Das ungefähr beschreibt mein Gefühl bei der Lektüre. Aber ich habe es zu Ende gelesen, denn die Sprachgewalt, mit der Raymond seine Leser überfällt, ist einfach unbeschreiblich.

Wenn ich so zurückdenke an meine Noir-Klassiker des 20. Jahrhunderts , so ist es im Grunde ein gigantischer fortlaufender Film, der diese Epoche mit der Variation des immer gleichen Themas begleitet. Schlagwortartig: Die Welt ist nicht nur böse, geldgierig und korrupt, sondern was noch viel schlimmer ist, sie ist sinnlos, chaotisch, nicht erklärbar. Da gibt es die glasharte böse Variante, das rabenschwarze Texas zum Beispiel, gesehen mit den Augen von Jim Thompsons Killern, angetrieben von einem rasenden Zorn. Und es gibt die süffige Variante, wie die Hardboiled Geschichten eines Raymond Chandlers. Und es gibt alles Mögliche dazwischen. Ganz allmählich kommt in diesen durch die Lektüre vom immer mehr Krimis immer mehr wuchernden Film die Farbe rein und peu à peu wird der „Private Eye“ als historisch überholter Typus durch den Cop ersetzt.

Wie ein Krebs wuchert der Noir Virus durch die Staaten. Er manifestiert sich in den Tony Cassella Romanen von Larry Beinhart, die wie die von psychopathischen Vietnamveteranen bevölkerten Bücher von Jerry Oster das New York der 1980er Jahre unnachahmlich festhalten. Er erscheint mit einem höllischen Lachen in den Floridaepen eines Carl Hiaasen, Meister der Variante „grausam und komisch“, mit den bizarrsten Killern aller Zeiten. Der Noir Virus taucht auf in Elmore Leonards Gaunerepen, die auf den Sinn des Lebens pfeifen und sich ihren Anteil am Kuchen mit Pfiff und Ellenbogen holen. Wird zum Mississippidelta Blues in den New Orleans Romanen von James Lee Burke. Mein favorisierter Noirklassiker mit politischem Touch ist Ross Thomas Artie Wu Trilogie. Ein rabenschwarzes Standardwerk über die Korridore der Macht. Mit einer Prosa, die nur so funkelt vor Esprit und Witz.

1984 fiel mir ein Frühwerk des Neo Noir-Pulp in die Hand. „Miami Blues“ von Charles Willeford. (Verlage: Alexander, Rowohlt, Ullstein. Vergriffen) Einer der härtesten Nihilisten Amerikas erschuf mit Frederic J. Frenger einen Killer, der nicht nur tötet, sondern unsere Welt kommentiert und zwar so komisch, dass er unsere Lachmuskeln überanstrengt. Wer sich ein bisschen in den Krimis der zweiten Hälfte der 1980er und der frühen 1990er auskennt, weiß, das diese Art Mörder immer mehr zum Standard wurde. Tarantinos Film „Pulp Fiction“ (1994) machte den Mörder als komischen Interpreten unserer Zivilisation endgültig zum Bestandteil des Mainstreams. Wenn man über etwas lacht, dann deshalb, weil es allmählich historisch wird. Ende des 20 Jahrhunderts wird die Geschichte des Noir so alt, dass sie anfängt, zum Klischee zu erstarren.

Der dazu maßgeblich beigetragen hat, wie ihm viele Berufskritiker vielleicht zu Recht vorwerfen, ist für mich der größte Krimischriftsteller aller Zeiten, der König des Neo Noir. Sein Name ist natürlich James Ellroy. Der 1948 geborene Autor hat mit seinen Blutepen über die 40er und 50er Jahre in Los Angeles und die 60er Jahre in Washington unser Geschichtsbild der USA entscheidend verändert. Denn spätestens in den Achtzigern gab es keine Tabus mehr, hatte sogar Hollywood gelernt, dass man mit Geschichten, die katastrophal enden, Geld verdiene konnte. Ellroys genialer Marketing-Trick: Wahre Skandale und wahre schmutzige Geschichten über Politiker, Hollywoodstars, Mobster, Schönheitsköniginnen, FBI-Beamte ausgraben. Schweinereien, über die man in den 1940ern 1950er und auch 1960ern einfach nichts schreiben durfte, auch nicht in fiktiv verfremdeter Form. Ich liebe sie einfach, diese Epen über Amerika auf dem Höhepunkt seiner Macht. Und ich mag Ellroys Prosa, die dem Leser wie ein zorniger Prophet aus dem Alten Testament verklickert, wie verkommen und schlecht unsere Welt doch ist. Sicher mittlerweile Klischee total. Aber es kommt einfach immer noch gut.

2005 erschien Don Winslows Buch „The Power Of The Dog“ (Publisher: Arrow Books). Einfach der Roman schlechthin über den schon mehr als dreißig Jahren anhaltenden Krieg zwischen den USA und den Drogenkonzernen südlich des Rio Grande. Ein homerisches Meisterwerk, und schon jetzt ein absoluter Noirklassiker, für mich der beste Noirroman der letzten zehn bis fünfzehn Jahre. Und das das nicht nur meine subjektive Meinung ist, belegen nicht nur die sich überschlagenden Lobpreisungen amerikanischer und britischer Medien, sondern auch die Reaktionen des Kölner Krimipublikums. Für keinen anderen Buchtipp bekam ich ein derart überwältigend positives Feedback. Es ist in meiner Buchhandlung das meistverkaufte Buch in englischer Sprache.

Damit ist mein persönlicher „Noir Kontinent“ fast abgeschritten. Um hier von vorneherein jedem Missverständnis vorzubeugen. Das ist eine extrem schmale und extrem subjektive Auswahl. Wer sich gründlicher über Noir informieren möchte, der tue das zum Beispiel in Manchettes Chroniques oder in Jochen Schmidts neu aufgelegtem Standardwerk „Gangster, Opfer, Detektive“.

Das für mich persönlich absolut aufregend Neue in letzter Zeit hat nichts zu tun mit zwischen Buchdeckeln erschienenen schwarzen Geschichten. Sondern mit dem Fernsehen. Und mit den griechischen Heldensagen. Ich war zehn Jahre alt und glaubte noch an Gott. Da entdeckte ich die Homers blutrünstige Geschichten, sozusagen meine erste Berührung mit der Welt des Noir. Wenn Hera ihre Tage hatte oder Zeus so richtig sauer wurde, auf wen auch immer, dann gab es Blitz und Donner, mussten Tausende von unschuldigen Griechen dran glauben. Ich war zutiefst erschüttert. Denn ich erlebte zum ersten Mal, das das Böse besonders schockiert, wenn es unvorhersehbar jederzeit jeden treffen kann. Wie ein Erdebeben oder ein Blitz aus heiterem Himmel. Im politischen Tagesgeschäft nennt man diesen Mechanismus bekanntlich Terror.

Ein sehr erhellendes Gespräch der Zeitschrift „The New Yorker“ mit David Simon, dem maßgeblichen Macher der Kultserie „The Wire“ brachte mich auf den Zusammenhang von Antike und Noirfernsehen im 21 Jahrhundert . David Simon erläutert grundsätzlich das Konstruktionsprinzip, das Amerikas Fernsehepen wie „Shield“, „Sopranos“, oder „The Wire“ zugrunde liegt. Wie jede geniale Grundidee erschreckend simpel: Man ersetzt die antiken Götter, welche die Alten Griechen so schrecklich terrorisierten, durch willkürlich agierende moderne Institutionen. Hera, Zeus & Co. also ausgetauscht also durch Polizeibehörden, Finanzämter, Schulbürokratien, aber auch Mafiaorganisationen oder ethnisch strukturierte Gangs. Eine der genialsten Klauaktionen in der Geschichte des Erzählfernsehens, denn natürlich ist dieser Trick nicht neu, sondern dem „Wahren, Schönen und Guten“, Literatur genannt, abgeguckt. Aber die Radikalität, mit der Teams von brillanten Autoren sich zusammenrotten, um sehr komplex die Verbrechensgeschichte von Metropolen wie L:A. Baltimore oder New York mit hunderten von Figuren zu rasanten Plots zusammenzufügen, die ist neu.

Mit diesem Rüstzeug, aber vielleicht auch Ballast an konsumierter Noirfiction, natürlich war es noch viel mehr, las ich nach 30 Jahren zum zweiten Mal den Roman „Puma“. Bis auf eine sehr unappetitliche Abschlachtungsszene in der South Bronx hatte ich den Roman komplett vergessen. Aber natürlich zeigte auch die zweite Lektüre sofort, hier agiert ein absolut routinierter Literaturhandwerker, der auch die Tricks der Noirproduktion einfach aus dem FF kennt. Es fehlen die ätzenden pauschalierenden wertenden Adjektive, welche die Faulheit des Autors outen. Mein Hassklassiker: „sie war einen sportliche Erscheinung“. So beschreibt man einfach eine Figur nicht. Sondern nennt zum Beispiel das Golfhandicap der Person, die Geschwindigkeit, mit der sie beim Aufschlag den Tennisball über das Netz donnert, oder teilt dem Leser zumindest die Konfektionsgröße mit. Nein, Miehe beschreibt genau, weil durch recherchierte Fakten abgesichert. Menschen, Gegenstände, Organisationen, der Autor hat sie sich genau in mühevoller Kleinarbeit wie ein investigativer Journalist zu eigen gemacht.

Die Waffe des Helden ist nicht irgendeine Knarre, sondern eine „deutsche o8 aus dem Zweiten Weltkrieg“. Der Killer, den der Protagonist aus New York nach München einfliegen lässt, schwebt nicht mit irgendeinem Flugzeug ein, sondern der Leser erfährt den Namen der Fluggesellschaft, Flugnummer, präzise Ankunftszeit in München. Das sind die Grundstandards, die heute auch in den schlechten Krimis die Regel sind. Vor drei Jahrzehnten, als der „Puma“ zum ersten Mal erschien, war das noch keineswegs der Fall.

Über diese Grundregeln hinaus gelingen dem Autor Seite für Seite meisterhafte Miniaturbeschreibungen von Menschen und Situationen. Bekanntlich hatte in den 1970ern die Oberschicht die Deutungshoheit, über das, was modisch ist, schon längst verloren. Nicht die Pariser Haute Couture, sondern die Jugend aus den Slums der westlichen Welt bestimmte, was hip ist. Wie eine Münchener Millionärstochter trotzdem unterschwellig ihren Reichtum unter einem scheinbar schlampigen 1970er Outfit zur Schau stellt, erfährt der Leser aus dem Blickwinkel einer Lufthansa Stewardess: „Dieses Mädchen schien in keine der üblichen Kategorien zu passen. Es war weder groß noch klein, nicht so schlank wie die Fotomodelle, aber auch nicht zu üppig. Die nietenbeschlagene, ausgebleichte Levis-Jeansjacke war ihr mindestens zwei Nummern zu groß. Darunter trug sie ein Seidenkleid mit Blümchenmuster, das bis zu ihren Knien reichte und genauso gut vom Trödler wie aus einer teuren Boutique stammen konnte. Ihre Stiefel hatten hohe Absätze und reichten bis dicht unters Knie. Sie waren aus grünem Schlangenleder, wie sie sich Janet Bronski selbst schon lange wünschte. Ihr Gang hatte nichts Provozierendes, und ihre Bewegungen waren von ruhiger sicherer Beiläufigkeit. Das war keines jener Mädchen, die im Schlepptau von Popmusikern, Rennfahrern oder irgendwelchen anderen Berühmtheiten durch die Welt reisen. Das Mädchen hatte jene Sicherheit, die nur Menschen, die vollkommen mit sich reine sind, oder viel Geld haben.“

Mit genauso beiläufiger Meisterschaft beschreibt Ulf Miehe den Schreibtisch eines französischen Gefängnisdirektors in den 1970er Jahren: „Der Gefängnisdirektor war jedenfalls derselbe, und auch der altmodische Klotz von einem Schreibtisch auf vier geschnitzten Beinen, die aussahen wie zusammengedrückte Elefantenrüssel. Alles auf der glattpolierten Platte war in peinlicher Ordnung arrangiert – der große Kristallaschenbecher, der nie benutzt wurde, eine sorgfältig gefaltete Ausgabe des Figaro, die Schreibgarnitur aus Marmor mit eingebautem Tintenfaß und einer schwenkbaren Vorrichtung für den darin steckenden Füllhalter:“ Der Leser ist begeistert und fragt sich, wie kriegt man so was von Präzision hin? Hat Ulf Miehe mal wegen Bankraub in einem französischen Knast gesessen?

Zeit für ein offenes Geständnis: Die Tatsache, dass ich Miehes meisterhaften Noirroman komplett vergessen konnte, hat mit einem persönlichen Vorurteil zu tun, das ich nur schwer abschütteln kann. Es lautet: „Zwei Dinge können Deutsche einfach nicht. Eine Revolution machen und eine guten Krimi schreiben.“ Von dieser für mich bis heute gültigen Regel ist Ulf Miehe eine der ganz ganz wenigen Ausnahmen. Deswegen mein dringender Appell, ihr Krimifans da draußen, mit Ausnahme natürlich der oben erwähnten Verschlinger von „Olivenölkrimis“ Kauft dieses Buch zu Tausenden, zu Hunderttausenden. Dann besteht die Chance, dass der DuMont Verlag eine der elegantesten Gaunerkomödien neu verlegt. Denn Mit „Ich hab noch einen Toten in Berlin“ hat Miehe schon 1973 auf Anhieb einen Roman hingelegt, der genauso swingt wie „Schnappt Shorty“.

Erwähnte Romanautoren

Beinhart, LarryTony Cassella Romane, Rowohlt Verlag, Vergriffen
Burke, James LeeDave Robicheaux Serie, div. Verl., Vergriffen
Chandler, RaymondPhilipp Marlowe Krimis, Diogenes Verlag
Ellroy, JamesRomane, Ullstein Verlag
Hiaasen, CarlFlorida Krimis, Goldmann Verlag
Leonard, ElmoreGangsterromane Verlage: Goldmann, Heyne, Rowohlt, Fast komplett vergriffen
Leonard, ElmoreSchnappt Shorty, Goldmann Verlag, Vergriffen
Miehe, UlfIch hab noch einen Toten in Berlin, Dtv Verlag, Vergriffen
Oster, JerryNew York Romane, Rowohlt Verlag, Vergriffen
Raymond, DerekIch war Dora Suarez, Pulpmaster Verlag, Vergriffen
Thomas, RossArtie Wu Trilogie, Alexander Verlag
Thompson, JimRomane, Diogenes Verlag
Willeford, CharlesMiami Blues, Verlage: Ullstein, Rowohlt, Alexander, Vergriffen
Winslow, DonThe Power Of The Dog, Publisher: Arrow, inzwischen als Tage der Toten bei Suhrkamp auf Deutsch erschienen

Erwähnte Sekundärliteratur

Manchette, Jean PatrickChroniques. Essays zum Roman noir, Distel Verlag
Schmidt, JochenGangster, Opfer, Detektive, Eine Typengeschichte des Krimianalromans, KBV Verlag

Erwähnte Fernsehserien

The Shield. Gesetz der GewaltUS Krimiserie ausgestrahlt zwischen 2002 und 2008, 88 Episoden in sieben Staffeln, Idee: Shawn Ryan
The SopranosUS Krimiserie ausgestrahlt zwischen 1999 und 2007,
88 Episoden in sechs Staffeln, Idee David Chase
The Wire, US Polizeiserie zwischen 2002 und 2008 in Baltimore gedreht, 60 Episoden in fünf Staffeln, Idee: Exkriminalreporter
David Simon – Gilt in den USA bei Kritik und Fans als beste Fernsehserie aller Zeiten

Erwähnter Zeitungsaufsatz:

Margaret Talbot; Stealing Life. The Crusader behind „The Wire“ 
„The New Yorker“, 22. October 2007

Manfred Sarrazin

im Jahr 2010
bei DuMont veröffentlicht als Nachwort
zur Neuauflage von Ulf Miehe Puma

Brillantes Gedächtnis und professorale Schusseligkeit

Ich erinnere mich, dass mich mein Freund Frank aus Berlin im Alibi besuchte. Manfred  und Barbara nannten ihn Buddha-Frank, weil er aus seinem Telekomjob ausgestiegen war und für ein Jahr nach Indien gereist war, um seine Yoga-Kenntnisse bei dem weltbekannten Meister Sri Patthabi Jois aufzufrischen. Buddha-Frank, denn selbstredend verkehrten im Alibi noch weitere Franks.

Buddha-Frank erzählte Manfred von dem Buch, das er gerade las: Der Zauberberg von Thomas Mann. Er stockte in seiner Erzählung und sagte: „wie heißt nochmal der Held, verdammt?“ Wie aus der Pistole geschossen kam es von Manfred: „Hans Castorp – ich habe das Buch vor über 20 Jahren gelesen.“ Und dann erzählte er darüber…

Als Frank und ich das Alibi verließen sagte er: „Ich könnte kotzen. Ich lese es gerade und Manfred, der es vor über 20 Jahren gelesen hat erklärt es mir.“


Wie Barbara bestätigen kann, beschränkte sich Manfreds phänomenales Gedächtnis oftmals nur auf Krimis. Ich erinnere mich an viele Morgende (?). Manfred kam ins Alibi und weil es noch zu früh war, schloss er nochmal ab. Er legte den Mantel ab, ging für eine Minute in den Keller, kam wieder hoch und blieb schließlich vor der Kaffeemaschine stehen. Irgendetwas ging in seinem Kopf vor. Auf einmal schoss es aus ihm heraus: „Ich habe meinen Schlüssel verkramt.“ Ich: „Den Schlüssel, mit dem du vor zwei Minuten abgeschlossen hast?“ „Ja.“ und dann suchten wir und suchten wir und suchten wir und konnten Alibi erst mit Verspätung aufschliessen…

09.08.13

ALIBI Krimibuchhandlung